Interview mit DJ Dash für die Sendung am 28.04.2018 auf Radiofamilienglück

 

 

Wie bist du zur (elektronischen) Musik und zum Auflegen gekommen?

 

(auch kurz über deine Stationen/Meilensteine – Vita Dash)

 

Musikalische Ausbildung Pianist + Dirigent in Kinder- und Jugendzeit, dann aber Interesse für Clubmusik (House), HipHop/Reggae und Jazz

 

Erst Arbeit in Plattenläden 1993/1994

 

dann Auflegen in Bars + erste Clubs (Auflegen für Geld)

 

parallel zur TripHop-Welle und Jungle -> Interesse an Breakbeats

 

1996: Club Trindidad + Juicy Beats (bis heute)

 

von da aus einer der bekanntesten und beliebtesten Breakbeat-DJs geworden (Drum and Bass)

 

Seit ein paar Jahren auch andere Musikrichtungen öffentlich auflegen und dafür gebucht, wie z.B House

 

hier auch in verschiedenen Kollektiven und gebucht viel Dazu Radiosendung wieder aufgenommen (Vinyl Asyl auf eldoradio, Deutschlandradio, SWR/SR…) Und Dozieren (Detroit Techno, Afrofuturismus, UK Clubkultur, Vinyl…) und Publikationen als Journalist und Autor sowie als Experte Gast in Talkrunden, auf Bühnen etc.

Vor über einem Jahr hat mich die Rotunde gefragt, ob ich nicht ihr Booker werden will, was ich seitdem mache und auch die Pressearbeit der Rotunde.

 

Wo liegen deine musikalischen Vorlieben bzw. Schwerpunkte?

 

Das Genre ist mir egal. Ich mag Musik die

  1. Seele hat, die mich emotional berührt, Schmerz und Glück teilt

  2. Druck hat und animiert und den Körper in eine bessere Dimension führt

Manchmal kommen diese beiden Aspekte sogar in einem Stück zusammen, müssen sie aber nicht.

Genres, bei denen ich solche Sachen besonders fühle sind Drum and Bass, House, manchmal Techno und Electronica, Jazz, Dub in seinen Spielarten, auch HipHop usw. Ich mag auch, weil ich schon viel gehört habe, neue Musik gerne – z. B. aus Ländern, wo die Musik anders soulful ist wie thailändische Musik aus der Mulan-Gegend, afrikanische Musik, Brazil usw.

Wer sich für das alles interessiert, de empfehle ich auch meine Radiosendungen, wo mehr an Breite geht, als wenn man als DJ eine Masse beibhalten muss.

 

Wie gingen die jüngste geschichtliche Entwicklung und der Umbau der Rotunde vonstatten?

 

Die Entwicklung und der Umbau sind im Fluss. Gerade wird der Garten neu und schön gemacht. Grund des Umbaus sind Gesetzesauflagen. Genauso wie vor der Wiedereröffnung. Heizung- und Sanitäranlagen mussten (!) saniert werden. Ebenso musste aus Sicherheitsgründen ergänzt werden. Die Raumstruktur und der Look der „alten Rotunde“ sind natürlich erhalten geblieben, was alleine auch schon aus Denkmalschutz-Gründen sein muss. Ansonsten ist der Zuspruch – und auch der Bedarf – der Bochumer Bürger an kulturellen Veranstaltungen abseits der bereits bekannten Möglichkeiten und wenigen Angebote, die es hier gibt, sehr hoch. Bei manchen Formaten und Musikgenres sind die Bochumer noch vorsichtig, bei manchen alternativen Sachen überraschend experimentierfreudig. Eine Herausforderung ist, dass alles nichts kosten darf. Daraus reagieren wir, können aber dennoch auch internationale Künstler in den Pott und mit den Fans und den Musikern hier zusammenbringen. Da müssen wir auch oft draufzahlen. Aber wir freuen uns, wenn der Vibe gut ist => wie bei der international preisgekrönten Reihe „Soul In Motion“, die wir an der Achse London und Bochum veranstalten.

 

 

 

Wie sieht das musikalische Konzept der Rotunde aus?

 

Wir können und wollten nicht Eins zu Eins das Konzept der alten Rotunde kopieren, aber auch nicht alles verwerfen. Gegen Ende der Rotunde wurde das Programm einigermaßen einseitig von ein, zwei Musikrichtungen dominiert. Wir wollten etwas mehr an musikalischer Bandbreite zeigen. Eins zu Eins kopieren würde sowieso nicht gehen, da sich in den Zeiten, in denen die Rotunde geschlossen war, weitere musikalische Entwicklungen vollzogen haben, sich die Kollektive und Partys - teilweise zumindest - neu und woandershin verständlicherweise orientiert haben usw usw., es Vorgaben und Vorlieben auch von Seiten der Rotunde-Führung gibt, Deals nicht mehr aktuell haltbar waren und tausend weiteren Gründen.

 

Etablierte Reihen, Partys und Veranstaltungen wie „Yum Yum“ oder die Nächte des unabhängigen Kollektivs „Spontan Bochum“ oder von „Donner & Doria“ und weitere, klassische Formate

 

sowie die beliebten studentischen Partys der lokalen DJs Janwillem (TechHouse, Electroswing etc.) und Kurtis Flow (HipHop, Dancehall, Urban Sounds) werden fortgeführt und durch neue Clubideen ergänzt. Zu den neuen Clubideen gehört House, Techno, Reggae und Drum and Bass, den es so nicht in Bochum gibt.

 

House mit „Mauke“ etc. //

 

melodisch, innovativer Drum and Bass mit SiM //

 

„echter“ Reggae mit „Reggae Music Again“ oder mit „Roots Addicted“ //

 

Underground- und DetroitTechno mit wechselnden Veranstaltungen („Hasenbau“ etc).

 

 

Wo liegen deine musikalischen Klangfarben und Bookings?

 

Die Zusammenarbeit mit der jungen und kreativen Szene weiter fortgeführt. Dazu kommen neue Kollaborationen, zum Beispiel mit dem Wuppertaler Club Mauke, und natürlich mit den Bochumer Künstlern und Musikern. Wie bei der preisgekrönten Londoner Clubreihe Soul In Motion, die als einer der spannendsten Partyformate der Welt ausgezeichnet worden ist und ihre Dependance mit Drum and Bass in Bochum aufgeschlagen hat. Einen Schwerpunkt liegt bei den Tanzveranstaltungen auf House, Drum and Bass, Reggae, TechHouse und Techno, gemischte Musik ohne Scheuklappen sowie auf den neuen Formen elektronischer Clubmusik. Zurzeit gibt es viele TechHouse-Abend mit lokalen Crews, die auch zuvor in der Rotunde aktiv waren, den Bochumer ist eine der Hauptstädte für TechHouse in NRW. Gitarrenfans kommen bei diversen Clubabenden ebenfalls auf ihre Kosten sowie ebenfalls die Freunde von Weltmusik ohne Klischees.

 

 

Welche Musiker / DJs sind bereits aufgetreten und haben das Programm geprägt?

 

Acid Arab, Dego, Charlotte de Witte, Storm, Bailey, Phil Tangent, Carlito & Addiction, Need For Mirrors, Patife (Brasilien), Elad Magdasi, Aphroe, Analog Africa Soundsystem, Pow Pow Movement, Darryn Jones, Boston 168, AWB und viele mehr.

 

 

Acid Arab war für alle eine unvergessliche Nacht. Charlotte de Witte und ihr Techno-Set hat auch viele beeindruckt und der Laden war natürlich ausverkauft und ist steil gegangen. Storm und Bailey sowie Phil Tangent haben den Breakbeat-Leuten, meiner Chefin und mir super viel Freude gemacht mit mächtigen Bässen, positiver Ausstrahlung, hypnotischen Melodien und einer freundlich-euphorischen Stimmung im ganzen Club. Das erste Mal das 15.000 Watt-Soundsystem vom dienstältesten und vielleicht wichtigsten Reggae-Kollektiv Deutschlands, dem Top Frankin Soundsystem aus Bochum und Essen, in der Rotunde zu hören und zu fühlen, was sicher was ganz Besonderes. Bei den Konzerten hat die Punkrock-Band Montreal sowie The Toastes aus New York mächtig gerockt.

 

 

Welchen gastronomischen Fokus legt ihr?

 

Es gibt eine wöchentlich wechselnde Karte mit saisonalen und europäischen Gerichten. Frische und qualitative Produkte – wenn es geht – aus dem heimischen Umfeld. Vom kleinen bis größeren Geldbeutel ist immer was dabei – und natürlich auch vegetarisches und veganes. Koch ist Baris Özer (ehemals von der Aubergine am Schauspielhaus Bochum). Servicechef Thomas Helbich, der seit Jahrzehnten den Bochumern ein Gegriff aus verschiedenen Gastronomien ist. Die Kritiker feiern die Lokalität und das Essen – zu Recht – ab. Die Tische sind meist alle besetzt. Es läuft sehr gut und ein Besuch ist das Restaurant definitiv wird. Wenn ich mit den DJs vor einem Gig dort essen gehe, dann sind die immer mehr als begeistert, machen Fotos etc! Zum Ausgehen liegt das Restaurant (und die Rotunde) sehr günstig am Bermuda3eck und am Musikforum und dem Szeneviertel Viktoriastraße/Bochum Ehrenfeld.

 

Welche kulturellen Impulse setzt ihr darüber hinaus noch?

 

Neben den Musikveranstaltungen gibt es weitere Veranstaltungen aus dem subkulturellen bis hochkulturellen Umfeld – vom alternativen Theater über Ausstellungen, Filmpremieren heimischer Filmemacher, zahlreiche karikative Veranstaltungen, Slams mit Reisethemen, Workshops, alternative Flohmärkte, bis hin zu einem regelmäßigen Talk, wo Gregor Gysis Prominente einlädt, Kongresse der Kreativwirtschaft, Messen von Designer, die Weinmesse „Weine vor Freude“ mit 5000 Besuchern usw usw. Wir sind offen für vieles – können aber auch nicht alles machen. Denn die Rotunde ist keine staatlich geförderte Einrichtung, Jugendzentrum oder subventionierte Kulturbetrieb. Der Umbau und der Betrieb wird alles aus privatem Geld der beiden Mieter und Geschäftsführer Sven Nowoczyn und Anja Schröder finanziert. Da ist es schon okay, eine Studentenparty zu machen, denn bei drei, vier leeren Partys oder Konzerten am Stück zu viel geht es an die private Existenz oder die der Location. Es ist ein Balanceakt, aber die Rotunde soll weiterhin ein Spielort für Kultur, Musik und Bochumer Nachtgänger sein. Davon gibt es hier sowieso viel zu wenig, sowohl Nachtgänger als auch Spielorte. Aber das ist in vielen Städten auch nicht anders-

 

  

Welche Zukunftspläne hat die Rotunde?

 

Dass wir verlässlich bleiben und offengeistig Kultur und Clubkultur anbieten, die sich – bestenfalls im positiven Sinne – von dem unterscheidet, was schon da ist an Mainstream oder auch Subkultur. Vielleicht schaffen wir es sogar das Nischendenken und das Konkurrenz- und Abgrenzungsdenken einiger potentieller Besucher und Partner aufzulockern. Es gibt keine Location sonst, in der du einen Abend zu Punk tanzen kannst und an einem anderen Abend zu Techno und darauf zu einem Slam oder Flamencokonzert gehen kannst. Wir sehen das Nebeneinander als Bereicherung und als eine Erweiterung des Spektrums, dass – trotz aller finanziellen Bedingungen – weitentfernt vom Sell Out ist. Zudem hat sich die Rotunde viele neue Fans erarbeitet. Darüber freuen wir uns. Wie haben spannende Veranstaltungen in der Pipeline. Allein im Juni/Juli =>

 

Vom „Im Tempel des CockOO“ über Die Freedes aus Bochum live und Soul In Motion mit Bryan Gee vom weltweit gefeierten Drum and Bass-Label „V Recordings“ bis hin zur Bochumer Ska-Band Ratatouille oder DJ Herr aus Barcelona im Zusammenspiel mit Marcus Sur und Miami Motel aus Essen und vom Flabbergasted Festival während Bochum Total.